KMZ  Helios  44-2

Reversibler Umbau zum Weichzeichner - Portraittele


Das bekannte Helios aus der Russischen Optikschmiede KMZ  ist ein beliebtes manuelles Objektiv mit M42 Anschluss. Mit seiner  Lichtstärke von f:2,0 und der etwas ungewöhnlichen Brennweite von 58mm ist es ideal als preisgünstige Portraitoptik an einer Crop-DSLR.

Das Helios 44-2

Als Bastelexemplar günstigst aus der Bucht gefischt, mache ich mich sofort daran, das gute Stück zu zerlegen, um die Linsen und die verölten Blendenlamellen zu reinigen.
Die hintere Linsengruppe nehme ich zunächst komplett heraus. Dabei fällt mir auf, daß die Brennweite der nun alleine werkelnden Linsen im Bereich vor der Blende ein deutliches Bild zeigen. Kurzer Test mit der Sonne ergibt eine Brennweite von ca. 100mm*. Wäre das nict ideal als kleines Portraittele?
(*) Gemessene Bildweite von der Blende, also dem "ehemaligen" optischen Zentrum bis zum scharfen Bild ist nun 75mm)

Kurzer Test an der Kamera ergibt natürlich zunächst kaum ein erkennbares Bild, da die Konstruktion ja nun wegen ihrer längeren Brennweite weit über Unendlich hinaus fokussiert ist.

Eine für diesen Zweck völlig ausreichende kurze Überschlagsrechnung ergibt, daß die neue Brennweite von nun irgendwas knapp über 100mm sich mittels eines passenden m42er Zwischenringes doch wieder fokussieren lassen müsste. Der Abstand von der Blendenebene zur Schärfeebene ist jetzt 75mm - 58mm ergeben 17mm, eine Länge die ich als Zwischenring sogar passend in meiner Grabbelkiste finde.

Ein schneller Test ergibt, daß die Kombination sich nun noch sehr gering über Unendlich hinaus, und das Objektiv sich im Nahbereich noch bis auf ca. 1,7m fokussieren lässt.

Die näheren Entfernungsangaben auf dem Objektivgehäuse werden durch die veränderte Brennweite zur Naheinstellgrenze hin nun allerdings zunehmend irrelevant.

Mit einem längeren Zwischenring lässt sich problemlos auch noch näher fokussieren, allerdings unter Verlust der Unendlicheinstellung.

Meine Überlegung war nun, daß das Objektiv mit dieser Modifikation nicht nur eine längere Brennweite aufweist, welche es auch an einer Kleinbild ("Vollformat-") Kamera zum leichten Portraittele macht, sondern vor Allem die aufwändige Korrektur der Optik  nun völlig daneben liegen sollte, was möglicherweise einen netten Unschärfe- oder Weichzeichnereffekt bewirken könnte.

Weiter unten seht ihr ein Ergebnis aus der Testreihe. Ich bin angenehm überrascht.

Doch hier zunächst die Umbauanleitung:

Hintere Linsengruppe

In Unendlich-Position ragt die hintere Linsengruppe etwas über das M42 Gewinde hinaus, und ist gut zugänglich. Zu erkennen sind die Kerben mittels denen sich die Verschraubung lösen lässt.
Da wir die Gruppe komplett entfernen wollen, sind für uns die äußeren Kerben (grün ->) interessant. Die Inneren (rot->) des Halteringes halten die Rücklinse in Position, und muss zu diesem Zweck nicht gelöst werden.
Praktischerweise steht die Kerbung so weit über, daß sich die hintere Linsengruppe mit einem in die Kerben eingesetzten Messer oder Lineal problemlos lösen lässt.

Hintergruppe ausgeschraubt

Mit einer Vierteldrehung nach links ist die Linsengruppe lose, und lässt sich nun dank des präzisen Feingewindes leicht von Hand komplett ausschrauben.
Die Linsengruppe kann nun beiseite gelegt werden, die benötigen wir aber noch für den später jederzeit möglichen Rückbau zum Originalobjektiv. Die Linsengruppe lässt sich gut gegen Staub und Kratzer geschützt in einem KB-Filmdöschen aufbewahren.

Blende freigelegt

Jetzt ist auch schon die hintere Seite der Blende freigelegt, und einer Inspektion zugänglich. Zur evtl. nötigen Reinigung muss das Objektiv natürlich weiter zerlegt werden, aber das ist hier aber nicht Thema.

Zwischenring und Adapter

Hier der passende 17mm Zwischenring. Ein Ring mit Stößel ist nicht nötig, den hatte ich eben zufällig hier rumfallen. Bei 17mm lässt sich das Objektiv relativ genau auf Unendlich fokussieren*, die Naheinstellgrenze vergrößert sich durch die verlängerte Brennweite auf ca. 1,7m
Ein kürzerer Ring erlaubt das hier sinnfreie Fokussieren über Unendlich hinaus, und vergrößert die minimale Einstellentfernung. Ein längerer Zwischenring ermöglicht näher zu fokussieren, allerdings unter Verlust der Unendlichstellung.

(*) Wers exakt mag, der kann ja z.B. ein, zwei Lagen Klebeband (ca. 0,2mm) auf den Bajonettsitz kleben, dann dürfte die Unendlichstellung sogar einigermaßen exakt stimmen.

Hinten im Bild seht ihr auch schon den linsenlosen Adapter von M42 auf meine EOS-Canonen. Der Flansch für den Stößel der M42er Blendenautomatik ist in diesem Fall nicht nötig, stört aber auch nicht.

Feddisch!

So sieht die fertige Kombination bereit zum Anschluss an die Kamera aus. Ähnlich dürfte das auch mit anderen Kamerasystemen realisierbar sein. Die wenigen Handgriffe für den Umbau sind in kaum einer Minute erledigt.

Und jetzt der Test:
Da ich auf die Husche grad kein geeignetes pflegeleichtes Model zur Hand habe, muss mal wieder die Plastik-Uschi herhalten :)

Testpic: Uschi bei f:2

Das Objektiv lässt sich dank seiner relativ brauchbaren, hellen Offenblende und der langen, butterweich laufenden Fokusschnecke feinfühlig fokussieren. Die Vorwahlblende ermöglicht anschließend schnelles Abblenden auf den gewünschten, voreingestellten Wert. Bei Offenblende ergibt sich ein deutlicher Weichzeichnereffekt in der Bildmitte, welcher zu den Rändern hin heftig zunimmt. Ein, wie ich finde, toller "dreamy" Effekt, der sich durch Abblenden dezenter einstellen lässt. Bei Blende 11 ist der Effekt nahezu verschwunden, und bei f:16* ist die Kombi fast so scharf wie das Originalobjektiv.
(*) Durch die Verlängerung der Brennweite sind die auf dem Blendeneinstellring aufgedruckten Blendenwerte nur noch als Hinweis zu verstehen. In der Realität werden diese um etwa eine Blende dunkler ausfallen.
Das ist evtl wichtig wenn ihr einen externen Belichtungsmesser, etwa zum Blitze einmessen im Studio verwendet. Bei TTL-Blitzautomatik oder Aufnahmen  mit der Zeitautomatik merkt und regelt das eure Kamera aber selbsttätig.




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